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Foto: Lorenz Paulus/hdgö, cc by-nc 4.0

Warum unsere Hauptausstellung keine Dauerausstellung ist

Historische Genauigkeit, historische Gerechtigkeit und Sprache in unseren Ausstellungen

2018 eröffnete das Haus der Geschichte Österreich mit einer Ausstellung, die einen Überblick über die Geschichte Österreichs seit 1918 bietet. Der gesetzliche Auftrag des Museums definiert es als  offenes „Diskussionsforum“ . Als Museumsteam nennen wir unsere Hauptausstellung also bewusst nicht „Dauerausstellung“, weil wir diese ständig überarbeiten. Hierbei nehmen wir die Aufgabe ernst, erstens das Heute stets mit zu berücksichtigen und zweitens zu zeigen, dass Geschichte nicht abgeschlossen ist, sondern Gegenstand von Diskussionen und Verhandlungen. Vor dem Hintergrund dieses Verständnisses von Geschichte ergänzen wir daher anlassbezogen immer wieder Elemente und tauschen ganze Bereiche aus, um der Geschichte jener Themen Raum zu geben, die aktuell besonders intensiv diskutiert werden. Die österreichische Bundesverfassung etwa wurde 2019 im Rahmen der „Ibiza-Affäre“ über Nacht als stabile Grundlage in Krisen und als Muster von „Eleganz und Schönheit“ berühmt. Daraufhin konnte das Haus der Geschichte Österreich den USB-Stick, auf dem das „Ibiza-Video“ an die Aufdeckerjournalisten übermittelt wurde präsentieren und seinen Schwerpunkt zur Entstehung der Verfassung um ein Video ergänzen. Ein anderes Beispiel ist die Corona-Pandemie, von der wir Objekte in die Ausstellung aufgenommen haben und die uns dazu veranlasste, auch der Pandemie von 1918–1920 mehr Raum in unserer Hauptausstellung zu geben

 

Mit dieser Unabgeschlossenheit hängt zusammen, dass sich auch die Art und Weise, wie Menschen über Geschichte sprechen, ständig verändert. Heute ist es selbstverständlich, die österreichische Mitverantwortung an der NS-Herrschaft anzusprechen, die lange Tabu war. Die österreichische Geschichte als einheitliche Entwicklung zu zeigen, die Wien ins Zentrum rückt und die unterschiedlichen Perspektive der anderen Bundesländer übergeht, wäre heute hingegen undenkbar. Ein ähnliches Beispiel ist die Rolle von Menschen in der Politik: In früheren Ausstellungen wurde politische Geschichte vor allem anhand von Politiker*innen erzählt oder allein auf politisch argumentierte Zeitabschnitte fokussiert (jedem Bundeskanzler seine „Ära“). Heute stehen in historischen Ausstellungen eher weniger bekannte Personen im Zentrum, um zu zeigen, dass Geschichte von vielen Menschen und nicht allein von Träger*innen von politischen Funktionen gestaltet wird. Auch die Darstellung von Geschlecht in der Vergangenheit änderte sich in den letzten Jahrzehnten stark. Seit den 1970er-Jahren wurde in der Geschichtsschreibung die Rolle von Frauen als politische Akteurinnen betont, seit den 1990er-Jahren verstärkt darauf hingewiesen, dass Vorstellungen von Geschlecht die Geschichte weit über die Identität von Einzelpersonen hinaus prägen. Denn die zentralen politischen Ideen sind nicht von Bildern von Männlichkeit oder Weiblichkeit zu trennen – wie etwa Heldentum und Fürsorge, Wissensstärke und Bedrohung zeigen, um nur eine kleine Auswahl zu nennen.

 

In den letzten Jahren wurden Identitäten jenseits der Zweigeschlechtlichkeit gesellschaftlich immer  sichtbarer und auch in Ausstellungen berücksichtigt. Ziel ist es dabei, den historischen und aktuellen Akteur*innen gerechter zu werden und Geschichte genauer zu entsprechen. Schließlich haben Menschen jenseits der Zweigeschlechtlichkeit schon immer Geschichte gemacht – seien es Personen, die in der Habsburgerarmee kämpfen wollten, aber vom Militär nicht als Männer gesehen wurden. Schon vor über hundert Jahren verweigerten einzelne Menschen, sich vermeintlich eindeutig auf eine von nur zwei Möglichkeiten zwischen „männlich“ oder „weiblich“ festzulegen. Ebenso haben intergeschlechtliche Personen, deren Körper nicht in das Schema von Zweigeschlechtlichkeit passen, eine lange Geschichte des Kampfes um Sichtbarkeit und Anerkennung. Auch an unserer Hauptausstellung lässt sich diese verstärkte Wahrnehmung ablesen.

 

Die Sprache, mit der Geschichte beschrieben wird, ist ebenfalls einem Wandel unterworfen. Aus diesem Grund haben wir nach einer Ausstellung zum Zusammenhang zwischen Geschlecht, Handlungsmacht und Politik im Mai 2022 unser Publikum eingeladen, mit uns zu diskutieren, wie eine historisch korrekte und gerechte Darstellung mit Ansprüchen wie Verständlichkeit und Lesbarkeit in Einklang zu bringen sind. Als Ergebnis dieses Prozesses verwenden wir seit Herbst 2022 den Asterisk (*), um zu unterstreichen, dass Geschlecht veränderlich und mehrdeutig ist. Diese Schreibweise ermöglicht es, die Spielräume zwischen biologischen Zuordnungen und persönlichen Geschlechteridentitäten auszudrücken. Zu keiner Zeit gab es tatsächlich nur zwei klar voneinander abgegrenzte Geschlechtskategorien. Indem eine Ausstellung zur Geschichte Österreichs diese Vielfalt von Selbstzuordnungen sichtbar macht, wird der Blick auf die Vergangenheit viel umfassender. Um Ressourcen anlassbezogen einzusetzen, sind neben den Ausstellungstexten mit dem Asterisk, dennoch weiterhin Texte zu sehen, in denen wir zwischen 2018 und 2022 das Binnen-I („StaatsbürgerInnen“) verwendet haben. Diese werden bei Veränderungen nach und nach ausgetauscht.

Mehr über unsere Überlegungen zu geschlechtergerechter Sprache und den Prozess, in dessen Rahmen wir mit unserem Publikum diskutiert haben, erfahren Sie in diesem Beitrag unseres Blogs.

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